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Sprache in den Neuen Medien (1)

Warum ist es wichtig, sich über Begriffe und Definitionen zu unterhalten? Auf den ersten Blick ist das wahrscheinlich nicht unbedingt ersichtlich. Ein Wort ist ein Wort. Doch bestenfalls steht und fällt mit dem Wort und seiner Bedeutung die ganze Arbeit drumherum, vor allem im akademischen Feld. Mit Begriffsbestimmungen setzt man Grenzen, sich selbst und anderen. Wir wollen uns über Sprache in den Neuen Medien auslassen, doch zunächst die Begriffsbestimmung des Wortes Medium vornehmen.

Was ist ein Medium?

Der Medienbegriff ist vielschichtig und mehrdimensional. Wann immer man Lehrbücher der Medientheorie aufschlägt, wird einem gezeigt, was dies unscheinbare Wort Medium, das wir alle so häufig verwenden, eigentlich alles bedeuten kann. Die meisten von uns werden unter einem Medium wahrscheinlich ein technisches Gerät zur Vermittlung von Information bzw. Inhalten verstehen. Mit Blick auf die Geschichte stellt man fest, dass die heute so vage gewordene Bezeichnung, in der Vergangenheit relativ eng gefasst war.

Auf das lateinische Wort Medium rückgreifend, wird ein Medium interpretiert als die Mitte oder etwas Vermittelndes. Noch heute gibt es die Berufsbezeichnung der Mediatoren, die zwischen verhandelnden Parteien vermitteln. Im 18. und 19. Jahrhundert hieß mediatisieren auch unterordnen. Als Adliger wurde man dem Fürsten in der Nachbarschaft mediatisiert. Und schließlich gibt es noch den Begriff des Mensch-Mediuns. Jemand, der mit den Toten kommunizieren kann, oder zumindest vorgibt es zu können. Dieses Verständnis des Wortes Medium stammt aus dem 19. Jahrhundert (Spiritismus).

Naturwissenschaften

Ein moderner Medienbegriff wird zurückgeführt auf die Naturwissenschaften. In der Physik ist ein Medium ein Raum, in dem sich Teilchen ausbreiten. Friedrich Knilli hat sich die dortigen Zusammenhänge nutzbar gemacht und sie in den Sprachgebrauch der Medientheorie überführt. Dementsprechend führte ein erster allgemeiner Medienbegriff nach Knilli das Bild vom Ort der Ausbreitung auf die Kommunikation zurück. Damit wurde jedoch auf ein Mal viel mehr zum Medium gemacht, als etwas, das die Übermittlung vollzieht.

Auf eine Gesprächssituation gemünzt, sind beispielsweise Schallwellen, Membrane im Ohr und andere Dinge mehr nach Knilli Elemente einer Medienkette.

McLuhan: das Medium ist die Botschaft

Ebenfalls sehr weit gefasst ist das Medienverständnis des kanadischen Mediengelehrten Herbert Marshall McLuhan. Dieser nahm sogar Licht, Sand, Wasser und anderes mehr als Medium an, weil diese Dinge je einen Unterschied im Maßstab erzeugen (dazu gleich mehr). Die Interpretation der McLuhanschen Aussagen ist umstritten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass McLuhan selbst sich wenig um eine wissenschaftliche Vorgehens- aber vor allem Ausdrucksweise bemüht hat. Seine Texte eröffnen ihr Wissen eher implizit. Nach dem Lesen stellt sich ein Aha-Erlebnis ein, wirklich dingfest machen kann man die Erfahrungen allerdings nicht.

Eine große Streitfrage beispielsweise betrifft die Interpretation von McLuhans Diktum “the medium is the message.” Die Auslegung geht soweit, dass ein technokratisches Verständnis dafür sorgt, Medieninhalte als unwichtig anzusehen. McLuhans eigenes Interesse galt allerdings kaum den Inhalten, als vielmehr den Veränderungen, die Medien in der Umwelt bewirken. Deshalb McLuhans Hinweis auf den Maßstab. Licht als ein Medium beispielsweise hat unseren Rhytmus von Tag und Nacht komplett umgekrempelt. Ein Fernseher, wie er noch zu McLuhans Zeit in Fokus des Wohnzimmers die Familie sich hat davor versammeln lassen, erzeugt eine Dynamik im Miteinander, usw. usf. Doch McLuhan kann man mit diesen knappen Ausführungen nicht abgehandelt wissen, dafür sind seine Gedanken viel zu umfangreich.

Ordnung ist das halbe Leben

Wenn man beginnt Ordnungskategorien zu finden, um Medien zu unterscheiden, kann man irgendwo anfangen und faktisch nirgendwo aufhören. Einige davon sollen hier zumindest vorgestellt werden. So können wir Medien danach unterteilen, ob sie formellen oder informellen Charakter haben. Informelle Medien zeichnen sich dadurch aus, dass sie ohne einen Unterbau an gesellschaftlichen Institutionen auskommen. Im Gegensatz zu zum Beispiel Radio und Fernsehen (formellen Medien), die ohne Rundfunkanstalten und Vertriebs- und Verbreitungswege nicht als Medien funktionieren könnten.

Oder wir sind in der Lage, Medien nach Ordnungsziffern in primäre, sekundäre und tertiäre Medien zu unterscheiden. Erstere sind solche, die kein Gerät zwischen Sender und Empfänger für die Kommunikation benötigen. Sprache gilt als prototypisches primäres Medium. Sekundäre Medien sind solche, die auf der Produktionsseite technische Hilfsmittel benötigen. Das Buch ist ein solches Medium, oder die Zeitung. Der Leser hingegen braucht keine technischen Hilfsmittel für die Rezeption. Anders bei der Schallplatte, der CD, dem Internet u. a. m. Hier wird nicht nur Technik auf Seiten der Produzenten eingesetzt, sondern ebenso beim Konsumenten.

Differenzierung und kein Ende?

Außerdem sind wir in der Lage, Medien anhand ihrer Funktion zu unterscheiden. Es werden für gewöhnlich 3 + 1 Einteilung(en) gemacht, und zwar in Medien der Wahrnehmung, Medien der Speicherung (und Bearbeitung) und Medien der Übertragung. Die vierte Kategorie ist jene, die eine Kombination der ersten drei anbietet, solche Medien in der vierten Ebene dienen der Kommunikation. Je nach Fragestellung fallen unterschiedliche Medien in ganz verschiedene und eben mehrere Kategorien.

Realität und (Medien-)Wirklichkeit, Massenmedien oder Medialität wären weitere Begriffe, die man ebenfalls diskutieren könnte, um eine Vorstellung von dem Wort Medium zu erhalten. Allerdings möchte ich die Beiträge in dieser Reihe nicht zu komplex werden lassen. Zumal ich an den entsprechenden Stellen beispielsweise die Medialität von Einzelmedien wie dem Chat, SMS, E-Mail usf. ansprechen werde, wenn nötig. Theodor Fontane würde behaupten, dies sei ein weites Feld. Interessierten ist dies nie ein zu weites Feld, aber ich möchte eben auch das Interesse für diese Themen abfragen und wecken. Deshalb ist immer ein Kompromiss zwischen Komplexität und Eingängigkeit zu finden. Ich hoffe, dass mir das gelingen wird.

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