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Halbzeit

Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen bei manchen Kritikern und vielen Lesern eines, für uns Deutsche, japanischen Newcomer-Autoren, komme ich nicht umhin, aus der Bewertung der Lektüre zur Halbzeit eine Diskussion der Stilfrage zu machen. 104 Seiten habe ich bereits gelesen, und ich habe sie gerne gelesen, jedoch vergeht nach einer kurzen Weile schon das Nachsinnen. Ergo ist das Buch bislang in meinen Augen als kurzweilig zu bezeichen, und also in den Augen mancher äußert sich darin vielleicht ein Makel. In diesem Fall ist mir das sogar Recht.

Völlig zuwider ist mir jedoch die Haltung des Ich-Erzählers, der seines Zeichens männlich und mindestens jenseits der 40 sein muss. Mehr lässt sich zur Halbzeit noch nicht über ihn sagen. D. h., es lässt sich an ihm kritisieren, dass er einen latenten patriachalischen Wesenszug nicht verstecken kann. Wann immer er Szenen aus seinem Leben schildert, Empfindungen zu beschreiben versucht, ist er krampfhaft darum bemüht, die involvierte andere – bessere? – Hälfte seiner eigenen Meinung Untertan zu machen. Leider habe ich beim Lesen nicht auf etwaige Zitatstellen geachtet, wenngleich sie mir unbewusst ins Auge gefallen waren. Die zweite Halbzeit soll, nach Marcel Reich-Ranicki, mit einer Liebesszene aufwarten, die jener seit Jahren nicht mehr gelesen habe. Bislang waren die erotischen Momente sehr subtil und wiederum latent. Inhaltlich möchte ich mich jetzt noch nicht weiter darauf einlassen.

Murakami, Haruki: Gefährliche Geliebte. 2002. btb

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