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Marxens (welt-)politische Ansichten

Dies stellt zunächst den letzten Artikel zu Iring Fetschers Buch Marx dar. Er umfasst inhaltlich die Kapitel 11 und 12 aus Fetschers Buch. Das letzte Kapitel über Marx Privatleben, das eine Fülle biographischer Informationen resümmiert werde ich nicht versuchen in eigene Worte zu fassen. Da könnte ich ebensogut den ganzen Text zitieren. Doch damit wäre niemandem gedient.

In Kapitel 11 beschäftigt sich Fetscher zunächst mit der Stellung Marx im Bereich der Politik der Arbeiterbewegung und zählt einige Stationen Marx’ politschen Engagements, und einige seiner schriftlichen politischen Äußerungen zusammen, um dies zu illustrieren. “Zwischen 1847 und 1852”, heißt es bei Fetscher, “engagierte er [Marx, A.T.] sich für den ‚Bund der Kommunisten’” (S. 127). 1852 endete jedoch dieses Engagement. Außerdem weist Fetscher Marx’ politische Aktivität bei der Internationalen Arbeiter-Assoziation als einen Höhepunkt dessen Betätigung in der Politik aus (vgl. ebd.). 1872 ließ Marx „die Leitung der ‚IAA’ nach New York verlegen“ (S. 128), da er eine Spaltung befürchtete, die durch einen Konflikt mit den Anarchisten zusammenhing. Die IAA selbst erlangte internationales Aufsehen mit der Pariser Kommune (vgl. ebd.). In diesem Zusammenhang nennt Fetscher die Kommune-Verfassung als hervorhebenswert, da Marx die in ihr formulierte politische Form besonders zu gefallen schien (vgl. ebd.). In einem gedanklichen Sprung, der einige der zentralen Punkte der Kummune-Verfassung unerwähnt lässt, kann im Anschluss folgendes konstatiert werden. Marx ging es „im Zusammenhang damit vor allem um die Schaffung einer politischen Ordnung ohne verselbständigte Bürokratie und ohne stehendes Heer“ und dies „passte den regierenden Kommunisten in der Sowjetunion natürlich nicht“ (S. 129).

Ein weiteres Beispiel für die Auseinandersetzung Marx’ mit den politischen Ansichten seiner Zeit dürften die „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei“ (S. 130) aus dem Jahr 1875 darstellen. Diese Kritik wurde jedoch weitgehend intern behandelt, da Marx in erster Linie für den Erfolg der Arbeiterbewegung war und diese nicht durch negative öffentliche Schlagzeilen in Verruf bringen wollte (vgl. ebd.).

In Kapitel 12 widmet sich Fetscher darüber hinaus noch Marx weltpolitischen Ansichten. „Der umfassendste Teil des Werks von Marx besteht aus seinen zahlreichen Zeitungsartikeln, Briefen und Reden zu Fragen der Weltpolitik“ (S. 134), heißt es bei Fetscher direkt zu Beginn des Kapitels und dürfte sicherlich als Begründung aufgefasst werden, diese Thematik in einem eigenen Kapitel anzuführen. Einen dieser Zeitungsartikel stellt Fetscher vor. Er stammt aus dem Jahr 1853, wurde im New York Daily Tribune veröffentlicht und beschäftigt sich mit dem Thema der britischen Okkupation Indiens. Marx selbst erkennt im britischen Kolonialismus sogar eine fortschrittliche Rolle. Wenngleich ich mich bislang weitestgehend aus einer Wertung der Inhalte heraus gehalten habe, so muss ich doch an dieser Stelle Marx ein bisschen mehr als nur Naivität unterstellen. Gleichzeitig könnte man ihm auch unterstellen, er würde gefrei dem Motto der Zwecke heilige die Mittel, alles als unterstützend auffassen, was der proletarischen Bewegung zugute käme. Jedoch bedarf dies einiger Erklärung. Marx erkennt durchaus die negativen Seiten der Okkupation (vgl. S. 134f.). Doch er ist sich sicher, dass die Zerstörung der „Basis der bürokratischen Herrschaft der asiatischen Produktionsweise durch [den] Import fabrikmäßig erzeugter Baumwolle usw.“ (S. 135), am Ende dabei hilft das Land von seinem Denken in Kasten zu befreien. Eine Industrialisierung, wie er es für Großbritannien gleichermaßen unterstellt, würde, wie wir bereits erfahren haben, die politischen Bedingungen dahingehend verändern, dass am Ende die Proletarier durch eine politische Inthronisation ihres Gegners selbst in eine für sie günstige Position gebracht würden, welche am Ende die Ausgangsbedingungen für eine proletarische Revolution bürgen.

Dass Marx nicht nur ein Mal Unrecht mit seinen Voraussagen behalten hat, ist Fakt. Zudem gibt es in industrialisierten Ländern durchaus auch so etwas wie ein Denken in Kasten. Ein Quelle, die sich mit dem Thema populärwissenschaftlich auseinandersetzt stellt die P.M. in der Ausgabe 04/2005 dar. Selbst Fetscher stimmt mir in einem Gedanken zu, wenn er schreibt: „Ganz im Sinne der Hegelschen Geschichtsphilosophie akzeptiert Marx hier mit erschrecken lassender Nüchternheit die fortschrittliche Bedeutung gewaltsamer, brutaler Zerstörungen, weil sie ‚veraltete Verhältnisse“ überwinden!“ (S. 136). Ein weiteres Kapitel der Auseinandersetzung mit Marx’ weltpolitischen Ansichten stellt der Abschnitt über die Verhältnisse der Länder Preußen, Rußland und Polen dar. Hier wird dem Leser von Fetscher die pro polnische Position Marx’ vorgestellt. „Wiederholt hat sich Marx für die Wiederherstellung eines unabhängigen Polens eingesetzt und sie als einen wichtigen Schritt zur notwendigen Umwälzung der Verhältnisse im zaristischen Rußland angesehen“ (S. 137). Aus diesem Grund sind einige Texte Marx in der DDR und in Rußland bis in das Jahr 1971 verheimlicht worden (vgl. ebd.). Die preußische Regierung betrieb in den Augen Marx „keine deutsche, sondern eine engstirnige preußische Politik“ (S. 139). Marx war an einer Einigung der deutschen Staaten gelegen, weshalb er „ – im Unterschied zu manchen Sozialisten in Deutschland […] – die Leistung Otto von Bismarcks positiv bewertete und Kritik an ihm für unangebracht hielt“ (S. 140).

Fetscher, Iring, 1999: Marx. Originalausgabe, Freiburg u. a.: Herder

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