Was genau meint Christa Bürger damit, wenn sie die in der Überschrift platzierten Worte, natürlich ohne Fragezeichen, als Kapitelüberschrift für das 25te Kapitel verwendet? Mir ist es, bis kurz vor Schluss des Kapitels ein Rätsel geblieben, wohin dieses Kapitel inhaltlich driftet, von Bürger driften gelassen wird.
Es ist in der Tat wiederum ein Kapitel, obgleich länger als andere vorher, nur unwesentlich zur Erhellung der Methodologie Bürgers beiträgt. Zunächst schreibt sie über die politische Situation Deutschland in den 1980er Jahren. Schreibt sie von einer Angst der geistigen Wende, die mit einem Wechsel zur CDU programmatisch vollzogen würde. Sie schreibt von Frauen, von Erfahrungen von Frauen, von ihrer eigenen Schwester und deren indirektes Schuldeingeständnis nach dem 2ten Weltkrieg. Ihr Schwester habe gelitten, weil sie wie viele andere, die gelitten haben, aus demselben Grund, nicht in der Lage waren, die Niederlage der Nazis zu verschmerzen. All jene waren ideologisch derart geblendet, dass die Niederlage sie grämte, einen herben Verlust offenbarte: Der Tod vieler Menschen war umsonst gewesen (vgl. S. 234f.). Umsonst allerdings nicht in dem Sinne von sinnlosem Mord an allen Menschen, sondern lediglich als sinnloser Verlust eigenen Volkes, um am Ende den Endsieg doch nicht errungen zu haben. Das vergrämte offensichtlich Bürgers Schwester, sowie eine Vielzahl von Bundesbürgern, die sich auf diese Weise nachträglich schuldig sprachen.
Bürger schreibt auch über Frauen, derer man sich erinnert und stellt sich die Frage, ob sie bereit sei, “in den vielen Frauen vor uns, ihren oftmals so kümmerlichen und langweiligen, so unbedeutenden Schreibversuchen Vorläuferinnen zu erkennen, in deren Schuld wir Nachgeborenen sind?” (S. 238). Dies sei sodann die Quintessenz des Kapitels.
Bürger, Christa, 2003: Mein Weg durch die Literaturwissenschaft. - Frankfurt am Main: Suhrkamp. (=es 2312); hier Kapitel 25. Verunsicherungen und Wiederholungen, S. 225-238.