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E. T. A. Hoffmann – who are you?!

1776 in Königsberg geboren, wird damals noch ETW Hoffmann (ich spare mir die Punktuation) passiv Zeuge der Scheidung seiner Eltern. Er wird, so heißt es in einem Lektüreschlüssel zu ETA Hoffmanns “Der Sandmann” seinen Vater nie wieder sehen. Hoffmann hat Fähigkeiten in der Musik, im Zeichnen, als Dramaturg und Journalist, nicht zuletzt ist jedoch die literarische Prosa uns ein Andenken an diese Figur der menschlichen Geschichte geworden. Der Lebensweg von Ernst Theodor ist geographisch relativ überschaubar, wenngleich er in seiner Vita einige Male den Ort wechseln musste – so muss man beinahe formulieren – weil oftmals äußere Zwänge und missliche Situationen, in die Hoffmann geriet, der Auslöser für einen Standortwechsel waren.

Wenn wir uns eine heutige Karte der Bundesrepublik ansehen, werden wir feststellen, dass Hoffmann sich Zeit seines Lebens in Gegenden der neuen Bundesländer und dem heutigen Polen aufhielt; eine einzige Ausnahme macht die Stadt Bamberg, in der er knappe 5 Jahre (1808 bis 1813) verbrachte, und in der die heutige ETA Hoffmann Gesellschaft ihren Sitz hat. Angesichts der Tatsache, dass der kleine und später junge Hoffmann unheimlich lange ausschließlich (oder besser hauptsächlich) von Frauen (der Familie) umsorgt und erzogen wurde, mag es nicht verwundern, dass er selbst in der Liebe zu Frauen nicht problemfrei war. Aus der Vita Hoffmanns, die mit seinem Tod 1822 in Berlin endet, spricht eine Zerrissenheit und Ambivalenz – wenn man sie derart oberflächlich überhaupt feststellen kann -, die die Leser in seinen Werken wiederfinden werden.

Leider habe ich bislang nur den Sandmann gelesen und darüber hinaus nur einige Informationen über den goldenen Topf erfahren; dies hat aber zumindest dazu geführt, mir diese Figur der Geschichte ein wenig interessant zu machen. Mit der Zeit wird sich diese erste, oberflächliche Übereinstimmung in gewissen Zügen, die ich bereits jetzt erkenne, vielleicht verfestigen und aufhellen. Hoffmanns äußere Lebensumstände, ständiger Ortswechsel, zu Beginn häufig unsichere finanzielle Verhältnisse, in denen er sich zurecht finden musste, nachdem er aus keiner allzu schlechten elterlichen Position heraus gestartet war, und die gespaltene Fremdauffassung Hoffmanns durch die Öffentlichkeit seiner Zeit machen diesen Charakter sehr schlüpfrig. Hoffmann schien an vielen Dingen interessiert zu sein, z. B. der Medizin und der Psychiatrie, der im 18. Jahrhundert in Mode gekommenen Automaten, und vielem anderem mehr. Er wurde für einen Sonderling erachtet, weil er sich in damals üblichen Teezirkeln nur langweilte und aus diesem Grund als unangenehmer Gast auffiel, erlangte jedoch im letzten Drittel seiner Lebenszeit eine Zustimmung, von der wir heutzutage sagen würden, dass sie einem Bestsellerautor zuteil würde. Es ist sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich, jemanden, der bereits verschieden ist, aus der heutigen Perspektive “menschlich” beurteilen zu wollen, aber vielleicht gelingt es mir irgendwann, den Wesenszügen Hoffmanns habhaft zu werden, wenn ich mir nur intensiv genug mit seinem Leben und seinem Werk auseinandersetze. Auf gutes Gelingen.

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