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Schluss, Aus Frau B.

Ich habe fertig, kann ich erneut von mir behaupten. Dieses Mal habe ich nicht die Hausarbeit über die Funktion von Zeichensetzung fertig, sondern inkl. Anmerkungen die bald 300 Seiten von Christa Bürgers Mein Weg durch die Literaturwissenschaft. Das abschließende Kapitel 28 Das Denken des Lebens gehört zu den längeren des Buches. Inhaltlich hat es mich unmittelbar zu Beginn und dann erst wieder am Ende des Kapitels beschäftigt.

Zu Beginn stellt Bürger fest, dass sie sich von der Ideologiekritik zum Essayismus als ihrer Ausdrucksform hin entwickelt habe (vgl. S. 255). Dabei ist mir doch prompt der Gedanken gekommen, dass der Essayismus ebenso zur mittleren Sphäre gerechnet werden darf, zumindest eine große Schnittmenge mit diesem, von Bürger initiierten Begriff besitzt. Essayismus ist irgendwo zwischen nüchterner Wissenschaftlichkeit und subjektiver Reflexion zu verorten. Mit dem Essayismus, so habe ich gedacht, wendet Bürger schlussendlich, analog, ein Prinzip auf ihre eigenen Untersuchungsobjekte an, das sie eine Zeit lang in dem Buch entwickelt hat, wenn es um die Betrachtung von Frauenliteratur ging.

Eine Frage, die ich mir an dieser Stelle gestellt habe, ist die, ob Christa Bürger sich mit dem Essayismus nicht näher an eine Position Emil Staigers heranrück als ihr vielleicht lieb ist? Ad hoc kann ich keine eindeutige Antwort auf diese Frage liefern. Sehr wohl kann ich aber versuchen, auf diese Frage in der nächsten Seminarsitzung ein paar Reflexionen von KommilitonInnen zu sammeln.
Was folgt ist eine Reflexion, eine Erzählung im Prozess des Über-sich-Nachdenkens, den Bürger dialektisch im Zusammenspiel mit anderen praktizierte. Z. B. mit dem philosophischen Freund Malte Fues oder Christa Senspeick, einer Seminarteilnehmerin einiger ihrer Seminare, die knapp 20 Jahre jünger ist als Christa Bürger selbst, und die auch Antworten zu finden gehofft hatte. Ausführen möchte ich die weiteren Gedanken nicht mehr, die Bürger noch breittritt. Sehr wohl aber noch anmerken, dass sie am Ende eine Gemeinsamkeit von sich und Frau S. hervorhebt, den Einspruch gegen die Institution der Opferfunktion von Frauen (vgl. S. 260). Außerdem soll der Leser noch erfahren, welche geistige Haltung Christa Bürger vertritt. Nämlich “ein Denken, […] das in der Perspektive einer Emanzipation, wie Simone de Beauvoir sie einnimmt, ein Rückfall wäre, weil es den Sinn nicht an eine Verwirklichung in der Zukunft setzt, sondern im Hier und Jetzt sucht. Es wäre ein Denken des Einverstandenseins mit dem Leben, das sich über den Tod nicht mit der Hoffnung auf ein Jenseits zu trösten braucht, das eine da sein läßt, in ihrer eigenen Zeit, ohne sich durch ein Projekt, eine Tat oder ein Werk rechtfertigen zu müssen” (S. 269f.). Dies wiederum ist ein Standpunkt, der mir Christa Bürger sympathisch werden lässt. Gleichwohl möchte ich nun, quasi als ein Resumée meine Meinung über das Buch und dessen Einsatz als Lektüre in einem Methodenseminar der Literaturwissenschaft nicht verschweigen.

Ich darf dafür, zum Teil, Worte herhalten lassen, die ich bereits einem Freund via ICQ geschrieben hatte. Nun, da ich das Buch ausgelesen habe, bin ich froh, dass es vorbei ist. Jetzt “hab ich dann a) den kompletten Überblick und muss b) nur noch Mal irgendwas darin lesen, das mir für meine Hausarbeit helfen kann. Das beschränkt sich auf Kapitel, die ich noch am interessantesten fand. Denn das Buch war in Gänze eher mittelprächtig, musste mich oft durchquälen. Denn die gute Frau B. hat ja da so etwas wie eine Mischform produziert, etwas von dem sie selbst in dem Buch schreibt, es sei Frauenliteratur.” Sie klassifiziert ihr Buch nicht derart, “aber ihr Schreiben, ihren Schreibprozess am Ende der Laufbahn, die sie in dem Buch bis dahin schilderte. Es ist eine Vermengung von Fakten und Fiktion, bzw. von für mich wichtigen und eher unwichtigen Informationen. Ob und wo ihr die Gedanken gekommen sind, an irgendeinem See, in irgendeinem Gespräch ist für mich, der ich zunächst erst Mal ihre Gedanken bloß kennen lernen möchte, sehr unwesentlich. Das hält dann total auf. Auch wenn sie sich darin selbst spiegelt und anfängt über ihr Verhältnis zum Frausein, etc. pp. zu schreiben.” Gleichwohl stimme ich mit ihr in ein paar Punkten überein, musste dazu aber bald 300 Seiten lesen. “Zum Teil sehr verdichtet und für einen Text als Einstieg in die Methodologie der Literaturwissenschaft nicht geeignet.” Zumindest ist das meine Meinung. “Wenn wir nicht den Dozenten hätten, der das Seminar leitet, der schon einige Ahnung von Philosophie und Methodologie hat, dann würde ich das Buch absolut nicht zur Lektüre für den Einstieg in die Methodologie der Literaturwissenschaften empfehlen. Wenn du wüsstest”, habe ich dem Freund geschrieben, “wie viele Stunden, Tage, wohl schon Wochen ich in diesem Semester mit nur diesem einen Buch verbracht habe. Zum Teil verschwendete Zeit in meinen Augen. Aber ja eben notwendig, um in der Sache voran zu kommen, um im Seminar mitreden zu können, usf.” Reicht das als Kommentar? Sicher nicht. Das Buch bietet einige Stellen, die die Arbeit mit dem Buch rechtfertigen, aber es bedeutet eben auch Arbeit. Dass ich mich nicht um Arbeit drücke, steht für mich außer Frage, im Gegenteil, ich blühe darin auf. Trotz allem würde ich alleine aus didaktischen Prinzipien, und weil ich das Gefühl habe, dass eben viele Leute nicht derart in der Arbeit aufgehen, weil sie nicht das drängende Gefühl haben, sie könnten etwas verpassen, und weil sie von der Schule nicht zum Selbststudium angehalten wurden, mit Bürgers Lektüre nicht gar so viel weiterkommen. Sieht man das Buch allerdings, wie bereits erwähnt, im Zusammenhang mit dem Seminar, hat mir die Arbeit damit eine Menge gebracht. Als Einstieg in die Methodologie der Literaturwissenschaft ist es allerdings dann doch nur bedingt geeignet.

Bürger, Christa, 2003: Mein Weg durch die Literaturwissenschaft. - Frankfurt am Main: Suhrkamp. (=es 2312); hier Kapitel 28. Das Denken des Lebens, S. 255-270.

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