Das Kapitel 2. 1 Syntaktische Kategorien aus Eisenbergs Grammatik habe ich bereits behandelt und komme nun zum Kapitel 2. 2 Syntaktische Strukturen. Eisenberg untergliedert das Kapitel in 3 Abschnitte. Er erörtert zunächst Form und syntaktische Mittel, dann das Strukturformat und erklärt anschließend den Begriff der syntagmatischen Relationen. Seine Gliederung ist logisch gut durchdacht, wie sich noch zeigen wird.
In Kapitel 2.2.1 (vgl. S. 44-47) erläutert er zunächst, Stetter würde sagen sprachphilosophisch, den Formbegriff. Denn um einen
“Satz grammatisch beschreiben” (S. 44)
zu können, muss man seine syntaktische Struktur beschreiben. Die Strukturelemente sind wiederum nur Erklärungen der Form eines Satzes. Eisenberg tut also gut daran, vorab zu klären, was der Formbegriff im Kontext seiner Grammatik bedeutet.
“Zur Form eines Gegenstandes gehört allgemein das, was an ihm sinnlich wahrnehmbar ist, was man hört, sieht, fühlt, usw.” (ebd.).
Nun ist gerade das ein Hinweis darauf, dass man sich über den Wahrnehmungsbegriff verständigen muss, um ein Bild der Form zu erhalten. Wenn man in der Sprachwissenschaft einen engen Formbegriff verwendet, dann deshalb, weil er auf einem engen Wahrnehmungsbegriff gründet (vgl. ebd.).
“Die Formseite des sprachlichen Zeichens wird auf das akustisch Wahrnehmbare reduziert” (ebd.)
und deshalb als Aufgabengebiet der Phonologie und Phonetik zugeordnet. Eisenberg argumentiert jedoch dagegen, denn ein
“Wort etwa wird […] nicht lediglich als akustische Reizfolge wahrgenommen” (S. 45).
So schlägt er den Bogen zurück zu der hier gewählten Thematik der Syntax und ermöglicht die syntaktische Form- oder Strukturbeschreibung auch als Objekt der Linguistik. Um die Vorstellung dessen, was eine syntaktische Form sei zu verdeutlichen, führt Eisenberg die syntaktischen Mittel der Reihenfolge, Intonation und morphologischen Markierung ein (vgl. dazu S. 45ff.).
“Die syntaktischen Mittel sind es also, die das Instrumentarium zur strukturierten Bildung komplexer Ausdrücke abgeben” (S. 46).
Eisenberg weist darauhin, dass es andere Grammatiken gibt, in denen mehr als diese drei syntaktischen Mittel angegeben werden, führt im Folgenden jedoch aus, warum er der Meinung ist, dass die drei, hier präsentierten syntaktischen Mittel
“nicht nur die einzigen […] des Deutschen sind, sondern daß es überhaupt keine Sprache gibt, die andere […] als diese drei zur Verfügung hat” (ebd.).
Mit Hilfe der syntaktischen Mittel, so beginnt Eisenberg sein nächstes Unterkapitel, wird die Oberflächenform gebildet (vgl. S. 47). In diesem Abschnitt erläutert zunächst, dass man syntaktisch einen Satz als
“syntaktische Einheit” oder “Folge von Grundformen” (ebd.)
auffassen kann. Im Kapitel über syntaktische Kategorien wurde nicht besonders darauf eingegangen, deshalb sei es an dieser Stelle erwähnt. Insbesondere und ausschließlich gelten als Grundformen Wortformen, Verschmelzungen und Wortreste. Was man im Einzelnen darunter zu verstehen hat wird hier nicht näher erläutert (vgl. dazu. S. 43f.). In diesem besonderen Fall, “eine[r] Folge von Grundformen”, setzt Eisenberg jedoch Grundformen mit Wortformen synonym. Es folgen bei Eisenberg im Einzelnen Schilderungen über die Konstituentenstruktur und die Beschaffenheit und Eigenschaften dieser Visualisierung eines Satzes. Die hier eingefügte Grafik soll dies nur annähernd verdeutlichen; sie zeigt lediglich eine Konstituentenstruktur, wie sie mit den Mitteln einer IC-Analyse erzielt wird. Was eine IC-Analyse ist, dazu an anderer Stelle mehr, wenn es im Aufsatz von Hentschel um Syntaxmodelle gehen wird.
“Eine Konstituente ist jeder Teil einer syntaktischen Einheit, der bei einer gegebenen Konstituentenstruktur einer Konstituentenkategorie zugeordnet ist” (S. 48).
Bislang kennen wir syntaktische Mittel um eine Form zu beschreiben und wir kennen mit der Konstituentenstruktur eine Form der Visualisierung. Unklar dürfte noch sein, warum man überhaupt in der Lage ist, einen Satz, den man gemeinhin als linear und eindimensional wahrnimmt auch derart in einer zweiten hierarischen Dimension, wie innerhalb der Konstituentenstruktur, zu sehen. Einen Grund oder besser mehrere Gründe gibt Eisenberg im nächsten Abschnitt an, wenn er über syntagmatische Relationen schreibt.
“Für das Deutsche setzen wir vier Typen solcher Beziehungen an, nämlich Rektion, Identität, Kongruenz und Positionsbezug” (S. 52).
Was diese Typen von Relationen im Einzelnen bedeuten, werden wir nur verknappt auszugsweise mit einigen Worten Eisenbergs wiederzugeben versuchen.
- “[…] Eine Konstituente f1 regiert eine Konstituente f2, wenn die Form von f2 durch eine Paradigmenkategorie von f1 festgelegt ist […]. Die Rektionsbeziehung rückt Konstituenten formal aneinander, so daß sie zusammen eine höhere Konstituente bilden. […]
- Identität Eine Konstituente f1 steht in der Identitätsbeziehung zu einer Konstituente f2, wenn es bestimmte grammatische Kategorien gibt, denen beide Konstituenten zugeordnet sind. […]
- Kongruenz Eine Konstituente f1 kongruiert mit einer Konstituente f2, wenn f1 bezüglich mindestens einer Einheitenkategorie von einer Einheitenkategorie von f2 abhängt. Das Entscheidende ist, daß die Kongruenzbeziehung allein auf Flexionsmerkmalen der beteiligten Konstituenten beruht. […]
- Positionsbezug Eine Konstituente f1 ist positionsbezogen auf eine Konstituente f2, wenn die Position von f2 relativ zu f1 festliegt. […] Die syntagmatische Relation Positionsbezug […] ist meist, aber nicht notwendigerweise symmetrisch. […]” (vgl. S. 52-57).
Eisenberg, Peter, 1994: Grundriß der deutschen Grammatik. 3., überarbeitete Auflage. Stuttgart u. Weimar: Metzler