Es sei an dieser Stelle, wie bei manchen Hollywoodfilmen auch, angemerkt, dass Teile des hier fiktiv geschilderten Gespräches inhaltlich auf einem wahren Kern beruhen. Der Autor – c’est moi, befindet sich derzeit in good old Germany, sein Gesprächspartner befindet sich derzeit wirklich in den USA. Die hier geschilderten Worte hat er zum Teil aus einem Erlebnisbericht desjenigen USA-Reisenden entlehnt und den Rest in literarisch freier Konsequenz dazu gedichtet. Es wird dem Leser eventuell sogar ohne Dazutun möglich sein, die gedichteten Stellen zu erkennen. Die, als vom Autor selbst stammenden, kenntlich gemachten, Gesprächsteile zeugen ein wenig von seiner Sicht der Dinge sind jedoch nicht immer ganz ernst zu nehmen, vor allem aber nicht falsch zu verstehen. Das Kürzel für den USA-Reisenden lautet “U”, das Kürzel vom Autor lautet wie immer “AT”. Also festhalten, anschnallen und ab geht’s …
U: “Wir, ein Kommilitone u. ich, sind am 27. Feb. mittags wohlbehalten hier in S. B., I., USA angekommen. […] Die Flüge waren alle reibungslos, abgesehen von einigen doch sehr gründl. Sicherheitskontrollen. Leider kam mein Gepäck erst einen Tag später an. Schon toll in Chicago aus der los rollenden Maschine eine[n] doch äußerst bekannt vorkommende[n] Koffer bei einem anderen Flugzeug stehen zu sehen. […]”
AT: “Sie wollen also sagen, dass Sie sich diesen Tag, an dem Sie Ihren Koffer aus einem rollenden Flugzeug heraus betrachteten, rot im Kalender anstreichen werden?”
U: “Das ist durchaus möglich.”
AT: “Sie wissen, dass sie unheimliches Glück gehabt haben, von dort oben, von ihrem Platz aus – in der Bewegung – genau ihren Koffer auf dem Rollfeld neben einem anderen Flugzeug stehen zu sehen?”
U: “Ja, das ist mir bewusst.” Und U weiter: “Am Flughafen wurden wir direkt von O. […] u. a. sehr freundlich in Empfang genommen. Schon etwas ungewöhnlich sich mit einem Prof. zu duzen, aber auf die Dauer sind die wesentlich lockere[ren] Umgangsformen mit den Profs hier doch sehr angenehm.”
AT: “Ihnen ist bewusst, dass man in englischsprachigen Ländern, den gegenüber mit einem YOU durchaus auch siezt, da in dieser Sprache die Höflichkeitsform im selben Ausdruck wie das DU steckt?”
U: “Ich habe an so etwas gedacht. Aber jetzt wo Sie es sagen, erscheint es mir doch auch einleuchtend.” U weiter: “Leider war unsere temporäre Unterkunft zunächst eine Jugendherberge neben dem Campus – immerhin 12qm für 2 Betten inkl. fließend Wasser und 3 kg Hausstaub bei 40$ pro Nacht. […]”
AT: “Mir entgeht nicht, dass Sie hierin Kritik äußern, wohl zu wenig für Ihr Geld bekommen zu haben.”
U: “Das sehen Sie sehr richtig. […] Noch am gleichen Tag wurden wir trotz Jetlag über den Campus geführt. Wenn man das erste Mal über den riesigen Campus von Notre Dame geht, ist man wirklich absolut baff[.] – ‘Hier seht ihr die 15 stöckige Bibliothek, dort das Hauptgebäude mit vergoldeter Kuppel, hier das 80.000 Zuschauer fassende Footballstadium, da hinten sind die beiden Basketballstadien mit je 20.000 Plätzen, dort die Basilika, ach hier wird ein neues Naturwissenschaftsgebäude gebaut, dort eins mit 5 Theatern usw.’ – Unglaublich, jedoch kein Wunder bei einem Jahresbudget der Univerisity of Notre Dame von 700 Mio. Dollar. […] Die Gebäude sind entweder meist alt ehrwürdig oder in ähnlichem Stil neu erbaut. Von innen sind die meisten auch recht nobel ausgestattet. […]”
AT: “Sie haben ein unglaublich gutes Zahlengedächtnis, wenn es darum geht Glanz und Gloria zu schildern.”
U: “Vielen Dank, und ja, Sie haben Recht, es liegt mir einfach auf der Zunge und im Blut. Aber man ist so baff und es ist doch so unglaublich.”
AT: “In der Tat, dasist unglaublich.”
U:“[…] Die Studenten sind so begeistert von ihrer Uni, dass fast jeder mit dem ND-Logo auf den Klamotten, Rucksäcken und selbst Badelatschen unterwegs ist. Auch in der Stadt laufen unglaublich viele Leute mit ND-Zeugs rum. Man stelle sich das mal mit Uni B. vor ;-).”
AT: “Vielleicht haben die Leute aus B. mit denen dort, wo Sie sich derzeit aufhalten mehr gemein, als Ihnen lieb ist. Da Ihnen der Zugang zu dt. Nachrichten dort nicht immer einfach gemacht wird, sei an dieser Stelle erwähnt, dass es in B. an Karfreitag ganz in amerikanischer Tradition (carfriday) ein Straßenrennen gab, bei dem 13 Leute verletzt wurden und eine Person ums Leben kam. Der nächste Schritt wäre dann also die Gleichschaltung…”
U: “Nicht zwingend. Wir wissen doch beide um die Vergangeheit unseres Landes. Aber, vielleicht ist es doch besser, nicht alle Traditionen zu importieren und überhaupt ist Deutschland seit jeher eher ein Exportland gewesen. 2:1 für Sie.” U weiter: “Eine Art Mensa gibt es auf dem Campus [jedoch nicht]. Dafür Burger King, Subway, Pizzerien, Cafes und wirklich bestens, aber teuer zwei All-you-can-eat Buffets mit wirklich gigantischer Auswahl von der Salatbar, über selbst zusammenstellbare Pizza, Chinesisch, Mexikanisch bis zu Eis und Kuchen. […] Verhungern wird hier also schwierig. […] Am Abend des ersten Tages lud uns O. noch in ein Restaurant ein. Supersized Food ist definitiv kein(!) Vorurteil. Das kleinste Steak auf der Karte war 400g… Herrlich!”
AT: “Ihnen ist aufgefallen, dass Sie mit Ihren letzten Worten zwar kritisiert haben, es sei teuer, aber eben auch insistierten, über das notwendige Geld zu verfügen, sich derart teures Essen zu leisten? Fühlen Sie sich in eine Schublade gesteckt, wenn man Sie an ein Klischee erinnert, dass besonders die Leute über das liebe Geld jammern, denen es objektiv besser geht als vielen anderen?”
U: “Ich denke nach der Zeit in den USA passe ich in keine Schublade mehr. Vielleicht bin ich dann sogar in Manier des american way of life in der Lage, Kleinholz daraus zu machen.” U weiter: “Die ersten Tage waren wir voll […] eingebunden. […] Ed und Dale haben uns tagelang, trotz starkem Schneefall (>30cm) und anstehendem Examen rumkutschiert. So hatten wir bereits am 3ten Tag unser Apartment. Nette 120qm für 3 Leute mit 1 Küche, in deren Ofen man ein ganzes Rind auf einmal zubereiten könnte, Seeblick und allem was man noch so braucht. […]”
AT: “Sie loben zum Einen die Gastfreundschaft und zeigen erneut eine phantastische Gedächtnisleistung, wenn es darum geht von IhremGlanz und Gloria zu berichten.”
U: “Das sehen Sie richtig. Immerhin, es ist so nett und wie ich vorhin schon meinte, mitunter ist man baff und es ist einfach unglaublich.” U weiter: “Die Bürokratie in den USA ist vom Umfang her leider durchaus mit der dt. vergleichbar. […] Unsere social security number, ohne die man hier nicht wirklich als Mensch existent ist und ohne die man leider kein Auto zulassen kann, haben wir leider immer noch nicht. Somit sind wir leider weiterhin auf Mitfahrgelegenheiten und das nicht wirklich tolle Busunternehmen, was an Sonn- und Feiertagen gleich mal ganz dicht macht, hier angewiesen. So muss man sich manchmal leider zu Fuß auf die Straße begeben…”
AT: “Sie betonen also einerseits Ihren Willen zu Komfort und Luxus und äußern andererseits Aspekte Ihrer Bequemlichkeit. Beides kumuliert im gewonnenen Eindruck.”
U: “Es ist erstaunlich, wie durchschaubar ich bin. Ich kann mich schlecht verstellen, oder?”
An dieser Stelle macht unser Gesprächsmitschnitt eine Pause, wird aber fortgesetzt werden, mit weiteren Schilderungen des USA-Reisenden und Kommentaren von Seiten des Autors.
One reply on “Gespräch mit einem USA-Reisenden (I)”
Auch, wenn ich, als ich diese Expertise geschrieben hatte, davon ausging, ich würde einen zweiten Teil fabrizieren, so muss ich nun kleinlaut einen Rückzieher machen. Es wird keinen zweiten Teil des Gesprächs mit einem USA-Reisenden geben. Die Unterlagen, die meine Grundlage bilden, habe ich zwar noch, möchte aber meine Zeit wichtigeren Dingen widmen.