In Kapitel 7.4 Semantische Formeln führt Löbner in zwei Unterkapiteln zunächst zwei Ansätze jenseits der binären Merkmalsemantik ein, die jedoch beide auch dekompositorisch vorgehen und semantische Einheiten in ihre Teile aufgliedern. In Kapitel 7.4.1 ist dies Dowtys dekompositionale Semantik und im Kapitel 7.4.2 Jackendoffs Konzeptuelle Semantik. Beide Ansätze verwenden Dekomposition als grundlegendes Prinzip. Jackendoff geht jedoch, wie es bereits im Namen seines Ansatzes versteckt ist, davon aus, dass es sich bei Bedeutungen, ganz ähnlich der kognitiven Semantik, um kognitive Konzepte handelt, die im Gehirn in irgendeiner Weise angelegt sind.
Dowtys Ansatz ähnelt in der Syntax sehr einer Programmiersprache und Jackendoffs Ansatz verwendet eine ähnliche Notation. Beide Ansätze ermöglichen das analysieren mehrstelliger Prädikate und komplexerer Ausdrücke. Auf die Ansätze soll nicht im Einzelnen eingegangen werden. Zu ihrer Syntax sei gesagt, dass sie wissenschaftlichen Formeln ähnelt. Aus diesem Grund nennt Löbner sie, wie viele andere auch, Formelansätze.
“Sie repräsentieren Bedeutungen mit Hilfe von Formeln, deren Bestandteile in mannigfacher Weise kombiniert werden können und dadurch abbilden, wie sich eine Bedeutung aus ihren Komponenten zusammensetzt” (S. 221).
In beiden Ansätzen wurde sich in der Analyse auf die Wortart der Verben beschränkt. Dies ist jedoch keine generelle Einschränkung dieses Konzepts, sondern vielmehr eine Folge der Intention der Wissenschaftler hinter den Konzepten. Löbner weist darauf hin, dass es durchaus vergleichbare Ansätze gibt, die in ihrer Analyse auf mehr als nur die Wortart Verben eingehen (vgl. S. 222). In Kapitel 7.5 Wierzbickas Natural Semantic Metalanguage (NMS) stellt Löbner noch einen weiteren Ansatz vor, der weitaus universellere Charakter besitzt, jedoch in mangelnder Präzision auch Nachteile aufweist (vgl. S. 225f.). Die NMS zerlegt Sätze oder Ausdrücke in semantische Primitive, also elementaren, nicht weiter zerlegbaren Elementen, ähnlich Primzahlen in der Mathematik, daher auch der Name. Diese semantischen Primitive müssen 2 Bedingungen erfüllen:
- “Sie müssen undefinierbar sein, das heißt nicht durch elementarere Begriffe ausdrückbar.
- Sie müssen universell sein, das heißt in allen Sprachen lexikalisiert.”
(S. 223, Hervorhebungen entfernt)
Die drei Ansätze ermöglichen aus je unterschiedlicher Perspektive doch weitgehend die Analyse derselben semantischen Phänomene und die Beschreibung derselben Bedeutungsbeziehungen. Löbner ist durchaus etwas mehr ins Detail gegangen als ich dies hier tue, doch erachte ich es nicht für sinnvoll, die sowieso bereits bei Löbner nur verknappt vorgestellten Ansätze noch weiter in der Darstellung zu beschreiben. Wer sich dafür interessiert, der mag gerne in Kapitel 7 von Löbners Semantikeinführung darüber nachlesen.
Löbner, Sebastian, 2003: Semantik. Eine Einführung. - Berlin u. New York: de Gruyter.