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Zu kurz gedacht Frau Schavan?

Was muss ich heute lesen? Wenn die CDU die Bundestagswahlen 2006 gewinnt, will sie BAFöG abschaffen. (Vgl. STERN-Online). Zunächst denke ich, das passt ins Konzept, denn bereits 1971 unter Kohl hat man das BAFöG, das zuvor die SPD eingeführt hatte, wieder auf eine Form eingeschränkt, wie sie heute noch Gültigkeit hat. Es ist durchaus nicht so, dass in Zeiten der notwendigen Reformen nichts unternommen werden sollte. Es gibt nunmal nur einen Pott mit Gold und nicht der liebe Gott verteilt es unter uns, sondern all diejenigen, die sich davon etwas versprechen. Allerdings, man sollte die BAFöG-Diskussion nicht, wie in diesem Fall geschehen, lediglich auf die Diskussion mit Studiengebühren reduzieren.

BAFöG-Förderung erhalten noch weitaus mehr Leute, als Studenten. Ein gar nicht so entferntes Familienmitglied von mir macht seinen Realschulabschluss nach und erhält BAFöG-Förderung, sein Vater ist froh, wenn er selbst über die Runden kommt und seine Mutter lebt nicht mehr in Deutschland. Angenommen man würde das BAFöG abschaffen und ein Finanzierungsmodell ins Leben rufen, dass z. B. auch von der Wirtschaft unterstützt würde. Bei einem Studenten würde es vielleicht derart funktionieren, dass er sich bei einer Firma bewirbt und dann in einer Art und Weise finanziell unterstützt wird, wie es evtl. für Stipendien sonst üblich ist. Nach abgeschlossenem Studium darf der- oder diejenige sich dann einige Zeit bei dem Unternehmen verpflichten. Nun wird es aber schon schwer, dieses Szenario auch für Leute zu realisieren, die ihren Realschulabschluss nachholen wollen. Welche Firma – manche von ihnen sind ja noch nicht mal willens, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen – würde jemanden finanzieren wollen, der seinen Realschulabschluss nachholen will? Der Punkt, der hierbei angesprochen wird, tangiert ein soziales Gewissen, dass in ökonomischem Denken oftmals ausgeschlossen wird. Es gibt ein paar Beispiele mittelständischer Unternehmen, die zeigen, dass man sozial verträglich Geld verdienen kann, doch unter den Big Playern wird wohl nur der Friseur der Top-Ten, der Aufsichtsratsvorsitzenden, etwas davon haben, dass es den Leuten so gut geht und ihres Erachtens noch besser gehen müsse. Obwohl ich selbst keine BAFöG-Förderung in Anspruch nehme, sehe ich diese drohende Veränderung doch mit Sorge; mein soziales Gewissen meldet sich oft. Es ist klar, wir haben – und wir tun es noch – über unsere Verhältnisse gelebt. Doch an diesem Punkt möchte ich sagen, bei allem Reformvorhaben, sollten die Leute nicht zu kurz denken und vor allen Dingen BAFöG nicht allein mit Studienfinanzierung in einen Topf werfen.

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